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Torkelkörper: Zweikreisroller und Oloid

Nach der Konstruktion von Oloiden ist klar, dass beim einmaligen vollständigen Abrollen eines Oloids jeder Punkt seiner Oberfläche genau einmal in der Rollebene liegt. Man sagt dazu: Ein Oloid ist vollständig in die Ebene abrollbar. Es sind nur wenige Körper mit dieser einfachen Eigenschaft bekannt. (Zylinder und Kegel sind ja nur mit ihren Mantelflächen in die Ebene abrollbar, nicht mit ihrer gesamten Oberfläche). Schon das macht Oloide mathematisch interessant.



Statt »Ein Oloid ist vollständig in die Ebene abrollbar« könnte man auch sagen: »Ein Oloid kann sein Netz selbst auf Papier drucken«. Denn das Netz ergibt sich unmittelbar als Abdruck, wenn man ein eingefärbtes Oloid einmal auf Papier abrollt. Schneidet man die bedruckte Fläche aus, so lässt sie sich ohne Knick leicht zu einem Oloid zusammenbiegen. Das Netz des Oloids zum Selbstbau können Sie hier herunterladen: Oloidnetz.

Die Animation zeigt ein reguläres Oloid, gewissermaßen beim Drucken seines eigenen Netzes. Es rollt abwechselnd schneller und langsamer, da sein Schwerpunkt (rot) immer wieder den Berg hinauf muss. Die Wellenlinie der Schwerpunktbahn wird flacher, wenn man im »Skelett« des Oloids, seinem Zweikreisroller, die beiden Kreise etwas weiter von einander zieht. Entfernt man sie so weit, dass die Kreismittelpunkte genau den Abstand √2·r haben, rollen Zweikreisroller und Oloid optimal: Der Schwerpunkt bleibt dann beim Rollen stets auf konstanter Höhe über der Rollebene. Die Schwerpunktbahn (rot) ist nun die parallel verschobene Bahn des Berührpunktes der Inkugel (blau).

Das reguläre Oloid hat eine mathematisch besonders schöne und eigentlich verblüffende Eigenschaft: Ein reguläres Oloid hat denselben Oberflächeninhalt wie die Kugel mit gleichem Radius.

Torkelkörper: Sphericon

Oloide sind spezielle Torkelkörper (engl.: Wobbler). Ein weiterer Torkelkörper ist das Sphericon. Es ist noch einfacher gebaut als ein Oloid. Sie bauen es, indem Sie zwei gleiche rechtwinklige Kegel (d.h. mit rechtem Winkel an der Spitze) zu einem Doppelkegel zusammenkleben. Halbieren Sie diesen mit einem Schnitt durch beide Spitzen, drehen Sie eine der Hälften um 90 Grad und kleben Sie beide Hälften wieder zusammen, und fertig ist Ihr Sphericon (Abb. unten). Da Sie rechtwinklige Kegel genommen haben, ist die Schnittfläche ein Quadrat. Daher passen beide Teile nach dem Drehen wieder genau zusammen.

Entdeckt wurde das Sphericon 1970 von Colin Roberts, einem mathematisch interessierten Laien. Da es ihm wie eine Kugel (sphere) aus Kegeln (cones) vorkam, nannte er es »Sphericon«. Das Netz des Sphericons ist schnell konstruiert: Da die Netze von Kegeln Kreissektoren sind und ein Sphericon aus vier Halbkegeln besteht, ist das Sphericon-Netz eine Kette von vier kongruenten Kreissektoren in alternierender Orientierung. Die Abbildung zeigt auch, dass wir das Sphericon als die konvexe Hülle eines Zweihalbkreisrollers verstehen können (wie das Oloid als die konvexe Hülle eines Zweikreisrollers).

Bauen Sie doch einmal selbst ein Sphericon. Vielleicht mit Ihrer Klasse in der nächsten Projektwoche? Aus Papier oder sogar aus Holz. Einfach deshalb, weil es ein sehr einfach gebauter, immer noch wenig bekannter, aber interessanter Körper ist. Den die verehrten »alten Griechen« und der große Johannes Kepler anscheinend übersehen haben. Vielleicht waren ihnen torkelnde Körper auch einfach nur suspekt.

Entdeckung des Oloids aus der Inversion des Würfelgürtels

Der Würfelgürtel hat zwei überraschende Eigenschaften, die seinen Entdecker Paul Schatz auch zur Entdeckung des (regulären) Oloids führten: In seiner originalen Lage im Würfel befindet sich der Würfelgürtel in Z-Formation (siehe dazu unsere Erläuterungen zum Würfelgürtel: Beispiel 2 / »mehr dazu«). Zwei einander diagonal gegenüber liegende Würfelecken haben als Abstand die Länge √3·a der Würfeldiagonale (Abbildung unten).
Die erste Überraschung: Dieser Abstand bleibt während der ganzen Inversion des Würfelgürtels konstant (Abbildung links).

Die zweite Überraschung: Im Verlauf einer Inversion überstreicht die Strecke zwischen zwei diagonal gegenüber liegenden Ecken genau die Oberfläche eines regulären Oloids. Und zwar des Oloids, dessen Radius gleich der Kantenlänge des Würfels ist. Die folgende Abbildung zeigt dies anhand des zugehörigen Zweikreisrollers: Läuft die eine Ecke über den einen Kreisrand, so läuft die andere über den anderen.

Der Beweis dieser Tatsache ist mit Mitteln der Schulmathematik nur mit einigem Aufwand möglich und kaum lohnend. Im handlungsorientierten Unterricht ist stattdessen aber an selbstgebauten Papiermodellen die empirische Verifikation als faszinierendes Phänomen erlebbar.